Von Dr. Annina Schulz-Sciberras
Leitung Qualitätsmanagement

Warum sollten wir uns damit beschäftigen? Wo steht das? Fragen zu Gesetzen, Normen und Empfehlungen nehmen einen Großteil der täglichen Beratungsarbeit gegenüber medizinischen Fachkräften ein.

Diese findet auch beim Kunden vor Ort statt, wo unsere Gasspezialisten oft mit drei Fragen konfrontiert werden:

  • Ist das ein Gesetz?

  • Wo steht das?

  • Können Sie sich nicht einfach auf ein Gesetz oder eine Norm beziehen und uns darüber informieren? Ist es eine Anforderung oder nur eine Empfehlung?

Diese Fragen sind eine natürliche Konsequenz der Tatsache, dass die Aufgaben im Umgang mit medizinischen Gasen breitgefächert und komplex sind. Es ist daher oft schwierig, genau zu definieren, wer die jeweilige Verantwortung trägt.

Die Hauptinteressensbereiche von Herstellern und Vertriebspartnern sind die gute Herstellungspraxis (GMP) und die gute Vertriebspraxis (GDP), die in den Zuständigkeitsbereich der deutschen Arzneimittelbehörden fallen. Doch wie sieht es mit den vielen Fragen der Krankenhausträger, Pflegekräfte, Ärzte und Oberärzte aus, und wer trägt die Gesamtverantwortung im Krankenhaus? Oftmals gelten innerhalb eines bestimmten Bereichs auch mehrere unterschiedliche Rechtsverordnungen. Welche gesetzliche Anordnung ist dann zu beachten? 
Die Antwort ist ganz einfach: alle! 

Grundsätzlich gilt, dass Anforderungen immer dann eingehalten werden müssen, wenn sie sich aus einem Gesetz, einem Erlass oder einer geltenden Norm ergeben.


MÜSSEN STANDARDS EINGEHALTEN WERDEN?

In bestimmten Fällen ja. Richtlinien sind Gesetze und müssen befolgt werden. Standards hingegen sind Empfehlungen, deren Anwendung grundsätzlich freiwillig ist. Es gibt jedoch Ausnahmen, bei denen Standards befolgt werden müssen:

  • Wenn Gesetze oder Richtlinien die Einhaltung bestimmter Standards vorschreiben.

  • Wenn ein Unternehmen damit wirbt, dass ein Produkt oder eine Dienstleistung den Anforderungen eines bestimmten Standards entspricht.

  • Wenn dies in einem Vertrag oder Auftrag festgelegt ist.

Wenn Sie solche Standards nicht nutzen, müssen Sie Ihre eigenen Lösungsansätze finden und dokumentieren. Nutzen Sie jedoch Standards können Sie einfach auf diesen in Ihrer Dokumentation verweisen. Die anfängliche Mehrarbeit lohnt sich daher.

Um ein gemeinsames Verständnis und einen umfassenden Überblick zu gewährleisten, haben wir im Folgenden versucht, die wichtigsten Bereiche der Handhabung von medizinischen Gasen in Krankenhäusern kurz zu beschreiben.
 

LAGERUNG IN TANKS UND ZENTRALEN GASANLAGEN

Die Installationsanforderungen für Gastanks, insbesondere in medizinischen Einrichtungen wie Krankenhäusern, unterliegen strengen Vorschriften und Normen, um die Sicherheit von Patienten, Personal und Anlagen zu gewährleisten. Diese Anforderungen decken Aspekte wie Standort, Sicherheitseinrichtungen, Belüftung und regelmäßige Inspektionen ab. 

Es gibt eine Vielzahl von Vorschriften, die bei der Installation von Gastanks berücksichtigt werden müssen. Dazu gehören unter anderem:

  • Druckgeräterichtlinie (DGRL): In der Europäischen Union müssen Gastanks der Druckgeräterichtlinie entsprechen, die sicherheitstechnische Anforderungen an den Bau und Betrieb von Druckbehältern festlegt.

  • Technische Regeln für Druckgase (TRG) und Technische Regeln für Betriebssicherheit (TRBS): Diese deutschen Regelwerke legen Anforderungen an die Sicherheit von Druckgasbehältern fest.

  • Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV): Diese Verordnung regelt die Anforderungen an den Betrieb von Arbeitsmitteln, einschließlich der Wartung und Prüfung von Gastanks.

In den meisten Fällen gehören die Tanks dem Gaslieferanten, mit dem Sie einen Gasliefervertrag abgeschlossen haben. Oft enthalten diese Vereinbarungen auch Anforderungen an die tägliche Sicherheit, Druckprüfung und ähnliche Aspekte. Der Gaslieferant und das Krankenhaus teilen zusätzlich u.a. die Verantwortung für die Einhaltung der Vorschriften des europäischen Arzneibuchs.


LAGERUNG IN ZENTRALEN GASRÄUMEN

Die Anforderungen an zentrale Gasräume für die Gasflaschenlagerung sind unter anderem in der DIN EN 737 (für medizinische Gasversorgungssysteme) und DIN EN ISO 7396-1 (für medizinische Gasleitungssysteme) festgelegt. In diesem Raum dürfen ausschließlich Flaschen zur Reservegasversorgung gelagert werden, die an eine zentrale Gasversorgung für medizinische Gase angeschlossen sind. Es dürfen keine weiteren Gasflaschen im Raum gelagert werden.

Die allgemeinen Anforderungen für die Lagerung von Gasen sind in den technischen Regeln für Gefahrstoffe TRGS 510 (Technische Regeln für Gefahrstoffe: Lagerung von Gefahrstoffen in ortsbeweglichen Behältern), TRB 600 (Technische Regeln für Druckbehälter: Lagerung von Gasflaschen) und TRB 610 (Technische Regeln für Druckbehälter: Aufstellung und Betrieb von Druckgasflaschen) enthalten. Dazu gehören unter anderem die maximalen Lagermengen, die Sicherung der einzelnen Flaschen mit Ketten, die Lagerung einer größeren Anzahl von Flaschen in Käfigen sowie die Anforderung, dass der Lagerraum ebenerdig sei muss und einen Zugang ins Freie haben muss. Das Gesetzeskompendium beschreibt auch die Lagerung von brennbaren und oxidierenden Gasen, einschließlich der vorgeschriebenen Abstände zwischen den Gasen.

Darüber hinaus bestehen Anforderungen an die Belüftung (entweder mechanische oder natürliche Belüftung) sowie an verschiedene Alarmsysteme, wie z. B. die Anzeige eines zu niedrigen Sauerstoffgehalts bei großen Mengen an Druck- oder Flüssiggasen, CO2-Alarme bei Trockeneislagerung und Erstickungsgefahr auf Grund von verdampfendem CO2, sowie weitere gasbezogene Alarme.

Zudem müssen eine korrekte Beschilderung und Markierung vorhanden sein. Insbesondere muss für Feuerwehrleute im Ernstfall klar ersichtlich sein, wo sich die Druckflaschen befinden. Ebenso wichtig ist die Kennzeichnung von Türen, Leitungen und Lagerräumen. Selbstverständlich gelten für alle Formen der Lagerung von medizinischen Gasen die gleichen Anforderungen.


ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE FÜR DIE LAGERUNG VON MEDIZINISCHEN GASEN UND GASFÖRMIGEN MEDIZINPRODUKTEN IM KRANKENHAUS

Die Handhabung und Lagerung von pharmazeutischen Gasen in einem Krankenhaus muss zusätzlich zu den oben genannten technischen Vorschriften auch dem Arzneimittelgesetz entsprechen. Die letzte Aktualisierung erfolgte durch Art. 7 G v. 27.3.2024 I Nr. 109.

Für den Umgang und die Lagerung von Arzneimitteln gibt es im Arzneimittelgesetz spezifische Vorgaben. Diese Anforderungen müssen eingehalten werden, und jeder, der mit medizinischen Gasen arbeitet, muss mit den entsprechenden Vorschriften und Aufgaben vertraut sein.
Das Arzneimittelgesetz gilt daher für alle Krankenhäuser und umfasst die folgenden Hauptaufgaben:

  • Nur fachkundiges, geschultes Personal darf Zugang zum Lager haben. Eine verantwortliche Person muss benannt werden.

  • Die Lagerräume müssen groß genug sein, um Ordnung zu gewährleisten, damit das First-in-First-out-Prinzip eingehalten werden kann. Es muss ein separater Bereich für Flaschen in Quarantäne vorhanden sein.

  • Die Flaschen müssen sicher, sauber und trocken aufbewahrt werden, getrennt von anderen Gasen und unter einem Dach geschützt vor Wind und Wetter.

  • Der Lagerraum muss unbefugten Personen unzugänglich sein.

  • Im Lagerraum dürfen sowohl Transport-Sauerstoffflaschen, große Flaschen mit Arzneimittelgasen für die Notfallversorgungseinheiten sowie CE-gekennzeichnete Gase (z.B. PHARMA LINE ® CO2) und Gase mit Abgabeberechtigung gelagert werden. Auch andere Spezialgase für die medizinische Arbeit im Krankenhaus dürfen mit deutlicher Kennzeichnung und Trennung zwischen den Gasen gelagert werden.

  • Der Lagerraum darf nicht zur Lagerung von Gasen für nicht-medizinische Zwecke genutzt werden. Dazu zählen etwa brennbare und giftige Gase oder Gase mit industriellem Verwendungszweck (z. B. Schweißgase). Ebenso darf der Lagerraum nicht zur Aufbewahrung anderer Gegenstände (z. B. Möbel) verwendet werden.

Zusätzlich zu dem oben Genannten und unter Bezugnahme auf das Europäische Arzneibuch sollten eine Chargen-, Konformitäts-, Empfangs- und Funktionskontrolle durchgeführt werden. Das bedeutet, dass die gelieferten Medikamente und Medizinprodukte überprüft und die Lieferung überwacht werden müssen. Der Anschluss an die Versorgung muss durch Analog- oder Digitaldokumentation in den Protokollen vermerkt werden.


GDP-REGELN

Die oben genannten Vorschriften sind in den Richtlinien zur Guten Vertriebspraxis vom 5. November 2013 beschrieben, die später in der Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung (AMWHV) und der Verordnung über den Großhandel und die Arzneimittelvermittlung (AM-HandelsV) in deutsches Recht überführt wurden. Sie sind daher verbindlich für alle Akteure des Arzneimittellebenszyklus anzuwenden.